Konsultori Role Models – Feasible

Feasible role models

Startup Expansion Coaching: Interview mit den „Geometrie-Göttern“ von Feasible.

„Wir wollen, dass die Welt nicht nur rechtwinkelig aussieht – denn die Menschen sind es auch nicht.

DI Heinz Schmiedhofer und DI Martin Reis, Co-Founder von “feasible geometry-consulting OG

Feasible bringt komplexe Geometrien jenseits der Orthogonalität vom Zeichenbrett in die Fertigung. Sobald Geometrien komplexer werden, und Strukturen keine rechten Winkel mehr aufweisen, werden Fertigungsprozesse schwierig und teuer. Unter Zuhilfenahme der Förderschiene “creative_project” der Wirtschaftsagentur Wien (ein Fonds der Stadt Wien) entwickelte Feasible mit Projektpartner Rechenraum dafür das Softwarepaket ‘BOXER’: Nicht-rechtwinkelige Strukturen können in die Fertigung gebracht werden, ohne Kosten explodieren zu lassen.

Lesen Sie hier das Interview mit den Geschäftsführern über nicht-orthogonale Geometrien, was in der Fertigung im Baubereich in Zukunft möglich wird, und wie sie die weitere Expansion angehen.

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Wie ist Feasible entstanden, was macht ihr und was mögt ihr als Co-Gründer aneinander?

Heinz & Martin: Mit Feasible unterstützen wir in den Kreativbereichen Design und Architektur tätige Personen und Unternehmen bei der Herstellung von geometrisch komplexen Strukturen.

Kennengelernt haben wir uns am Institut für Diskrete Mathematik und Geometrie der Technischen Universität Wien. Wir waren dort beide im wissenschaftlichen Bereich tätig, und verfügen daher über ein sehr fundiertes Wissen über Geometrien, insbesondere im Baubereich. Neben unserem Design-Verständnis, in dem wir relativ stark konvergieren, ist das unsere gemeinsame Basis. Außerdem unterrichten wir beide an der TU-Wien, und sind daher methodisch immer am letzten Stand der Wissenschaft. Bei aller technischen Übereinstimmung verbindet uns auch ein ähnliches Humorverständnis.

Heinz: Martin ist sehr gut in der Umsetzung von Designs, und Profi wenn es ums Bauen geht. Er ist der genaueste Mensch, den ich kenne und hat ein umwerfendes Gespür für Design. Das ergänzt sich großartig mit meiner Expertise im Softwarebereich. Ich bin besser im Verstehen von Geometrien, auch wenn Martin sich als „Gott der Geometrie“ bezeichnet (lacht).

Martin: Ich bezeichne mich nicht selber so – vielmehr werde ich so angesprochen, wenn jemand eine geometrische Bitte an mich stellt. Das geht dann so: „Du bist ja der Geometrie-Gott …“

Im Design-Prozess habe ich immer auch die konkrete Fertigung im Hinterkopf. Die kreative Phase ist bei uns sowohl von der sehr frühen Frage nach konkreten Herstellungsmethoden geprägt, andererseits aber auch durch Visionen einer Umsetzung, die vielleicht noch gar nicht Stand der Technik sind. In diesem Spannungsfeld entwickeln wir Formen und Methoden zur Umsetzung, indem wir uns unsere eigenen Werkzeuge für die Planung und Realisierung schaffen.

Ihr habt BOXER entwickelt, wie ist das Feedback bisher?

Heinz & Martin: Mit BOXER machen wir einen Teil unserer selbst entwickelten Werkzeuge erstmals öffentlich verfügbar. Wir haben erkannt, dass wir für unterschiedliche Projekte immer wieder ähnliche Lösungen entwickelt hatten, und uns auf die Suche nach dem gemeinsamen Nenner in den verschiedenen Anwendungen gemacht. Als Ergebnis entstand die Software BOXER, die als Schnittstelle zwischen PlanerInnen und der Fertigung fungiert, und zwar für Geometrien, die nicht unbedingt orthogonal sein müssen. Mit BOXER werden komplexe Strukturen durch Plattenmaterial umgesetzt, das durch computergesteuerte Schneideprozesse über mehrere Maschinenachsen bearbeitet wird.

Das bisherige Feedback zur Software beinhaltet eine Grundaussage: “Man kann mit BOXER geometrisch mehr umsetzen, als PlanerInnen sich bisher im Rahmen der technischen und budgetären Gegebenheiten erwartet hatten. Es werden vom Planungsprozess bis zur Fertigung Möglichkeiten geschaffen, die es vorher nicht gab. Das erhöht die Teilevielfalt in unserer gebauten Umwelt, weil komplexere Formen spielerisch umgesetzt werden können.“

Wo kam die Methodik von BOXER bisher zum Einsatz?

Heinz & Martin: Etwa bei der Landesausstellung Niederösterreich in der Tabakfabrik Hainburg. Das Architektenteam von PLANET Architects wollte hier eine Ausstellungslandschaft gestalten, für welche bereits geometrische Randbedingungen vordefiniert waren, und zwar windschiefe Platten im Raum, die sich gegenseitig verschneiden. Das ist schwer zu planen, da Änderungen an einer Platte auf die Struktur der umliegenden Platten einwirken. Dafür haben wir damals eine Software entwickelt, die innerhalb der geometrischen Rahmenbedingungen ein besonderes polyedrisches Design ermöglicht. So entstand eine Struktur, in der die Platten automatisiert in beliebigen Lagen miteinander verschnitten werden können. Mit unserem Tool konnte die Planung zu einem Viertel der Kosten einer traditionellen Planung umgesetzt werden. Das eingesparte Budget konnte somit für eine noch kinderfreundliche Gestaltung der Ausstellung herangezogen werden. Diese Software war eine der maßgeblichen Inspirationsquellen zu BOXER.

Ein weiteres Projekt war beispielsweise die Herstellung einer privaten Kunstgalerie im Palais Rasumofsky im dritten Wiener Gemeindebezirk. Hier wurde ein Zwischengeschoß aus Stahlbeton in den Bestand eingepflanzt. Die geometrisch komplexen Seitenflächen dieses Objektes wurden durch Formen eingeschalt, die durch eine ähnliche Technologie produziert wurden, wie wir sie jetzt für BOXER verwenden: heißdrahtgeschnittene XPS-Platten.

Warum seid ihr ins Startup Expansion Coaching-Programm der Wirtschaftsagentur gegangen?

Heinz: Nachdem wir hauptsächlich projektbezogen entwickeln, war die Vermarktung eines Softwareproduktes für uns Neuland. Deswegen haben wir uns um Aufnahme ins  Startup Expansion Coaching-Programm der Wirtschaftsagentur bemüht, und sind dort auf Petra getroffen. Wir wollten das Coaching nutzen, um die nächsten Schritte für die Vermarktung zu diskutieren und realistisch zu planen.

Martin: Das Coaching war außerdem eine gute Vorbereitung für einen weiteren Förderantrag an die Wirtschaftsagentur Wien, diesmal im Programm „creative-to-market“, wie auch für die Planung unserer Ressourcen bei der „go-to-market“ Strategie.

Das Coaching hat unsere Wahrnehmung zu Bereichen wie Business-, Preis- und Lizenzmodelle immens erweitert, und war ausgesprochen hilfreich bei der Feinabstimmung unserer Kernzielgruppen, um das Marketing zielgerichtet darauf abzustimmen. Wir haben mehrere Themen abgeklärt: Wer kann sich das Produkt leisten? Wer will es sich leisten? Wo ist die Nachfrage am größten? Wo wird das Produkt am meisten gebraucht?

Was sind eure konkreten nächsten Schritte mit BOXER?

Heinz & Martin: Wir beginnen gerade, die Vermarktung so umzusetzen, wie wir sie gemeinsam erarbeitet haben. Um die Produzierbarkeit zu testen, setzen wir gerade eine Modellstudie um, eine Struktur aus 150 hexagonalen Paneelen unterschiedlicher Form und Größe, die wir mit BOXER in die Fertigung bringen werden. Das ursprüngliche Design-Pattern, übrigens das Ergebnis einer Forschungsarbeit der TU-Wien, verfügt über sehr günstige geometrische Eigenschaften hinsichtlich einer Panelisierung. Es wird von BOXER eingelesen, um daraus konkrete Paneel-Geometrien zu generieren. Diese werden für die Produktion möglichst platzsparend angeordnet, um so wenig Materialverlust wie möglich zu erleiden. Das wird ein neuer Anwendungsbereich. Insgesamt wird BOXER ab Mitte 2017, vorerst als Plug-in für die CAD-Plattform Rhinoceros 3D für Fertigungsbetriebe und PlanerInnen verfügbar sein.

Langfristig sehen wir uns als „Missing Link“ zwischen PlanerInnen und Fertigung, und das wollen wir weiter ausbauen.

Vielen Dank für das Gespräch – wir wünschen Euch alles Gute bei der Weiterentwicklung und Vermarktung von BOXER. Ich freue mich auf die fertig umgesetzten Projekte.

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