Unser modernes Lebensmittelsystem steht nicht nur vor vielen Herausforderungen (Klimakrise, Verlust der biologischen Vielfalt, versteckte Kosten für Umwelt und Gesundheit usw.), sondern hat auch einen erheblichen Beitrag zur Entstehung dieser Probleme geleistet. Die gute Nachricht ist jedoch, dass unser Lebensmittelsystem das Potenzial zum Wandel hat und so Teil der Lösung dieser Probleme zu werden!
Jeder einzelne Akteur im Lebensmittelsystem (d.h. Produzenten, Konsumenten, der Lebensmittelhandel, politische Entscheidungsträger, Forscher, Aktivisten…) kann einen Beitrag leisten; aber individuelle, isolierte Bemühungen werden nicht ausreichen, um das Lebensmittelsystem zu erneuern und grundlegend zu transformieren: komplexe Herausforderungen erfordern gemeinsame und koordiniertes Handeln in Form von Kooperationen – auf verschiedenen Ebenen und durch eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure.
Food Collaboration Alliance
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Als Konsultori glauben wir an die Kraft der Zusammenarbeit und haben grosses berufliches und persönliches Interesse an unseren Lebensmittelsystemen. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, eine Podiumsdiskussion mit Akteuren des Lebensmittelsystems zu organisieren, um die Rolle von Kooperationen bei der Transformation des Lebensmittelsystems zu betrachten und zu erörtern.
Die ViennaUP 2024 bot an, unser Panel in ihr vielfältiges Programm aufzunehmen, und Sabine Pümpel vom AWS (Austria Wirtschaftsservice) half uns, unsere Gruppe von Panelisten zusammenzustellen:
- Lisa Reiss, Gründerin eines Startups (Smiling Food), das an Zuckeralternativen arbeitet,
- Wolfgang Fojtl, Unternehmer und Inhaber eines KMU, das Bio-Frühstücksprodukte herstellt (Verival Bio),
- Richard Petrasek, der an angewandter Forschung zur Nachhaltigkeit in Lebensmittelsystemen am FiBL arbeitet.
Gemeinsam führten diese Experten eine spannende und aufschlussreiche Diskussion, die eine Vielzahl von Themen und wertvolle Perspektiven eröffnete.
Die Vorteile und Herausforderungen der Zusammenarbeit
Zunächst erläuterten unsere Panelisten ihre Ansichten zu den Gründen, dem Zweck und den potenziellen Vorteilen der Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im Lebensmittelbereich:
- Fachwissen teilen, Ressourcen bündeln und somit eine sinnvolle Arbeitsteilung ermöglichen – so können Projekte zum Leben erweckt und Kreativität gestärkt werden.
- Es gibt viel Raum für gemeinsame Kreativität und und für das Lernen von Kooperationspartnern. Partner können zudem von den Netzwerken anderer (Lieferanten, Partner, Kunden,…) profitieren.
- Kooperationen können mit der Arbeit an einem einzelnen Projekt oder einer konkreten Fragestellung beginnen, um die Basis der Partnerschaft zu testen. Man muss nicht von Anfang auf allen Ebenen kooperieren. Kooperationen können sich zu einer iterativen Herangehensweise entwickeln.
- Stabilität gewinnen, Risiken mindern und geteilte Verantwortung sind weitere Vorteile der Zusammenarbeit..
- Welches Ziel auch immer die Zusammenarbeit hat, es muss Anreizsysteme für alle beteiligten Parteien geben. Solche Anreize können rein finanzieller Natur sein, es gibt aber eine Vielzahl und Vielfalt von Motivatoren.
Zusammenarbeit ist aber nicht einfach. Sie ist voller Herausforderungen und Fallstricke, die unsere Panelisten offen ansprachen und gemeinsam reflektierten:
- Oftmals, und insbesondere bei Kooperationen zwischen Parteien von signifikant unterschiedlicher Größe (KMU und Großunternehmen, Startup und Großunternehmen), können die Agenden sehr unterschiedlich sein. Gemeinsame Ziele, eine gemeinsame Sprache, gemeinsame Werte und ein gemeinsames Verständnis grundlegender Aspekte sind von essenzieller Bedeutung.
- Die strategische Ebene ist aber nicht das einzige und oft nicht das Hauptproblem: Operative Themen wie Vertrieb, Logistik, IT, Finanzen, Qualitätsmanagement können zu Bruchstellen werden.
- Darüber hinaus können rechtliche Aspekte in Bezug auf Geheimhaltungsvereinbarungen (NDA), geistige Eigentumsrechte (IP) und Due-Diligence-Prozesse insbesondere für die „kleinere“ Partei zu echten Problemen werden.
- Für Startups ist der Mangel an leistbarem Zugang zu Forschungs- und Testeinrichtungen oftmals ein Hindernis.
Das erweiterte Lebensmittel-Ökosystem und die für erfolgreiche und nachhaltige Kooperationen erforderlichen Änderungen waren unser nächster Diskussionspunkt:
- Es gibt Regulative in unserem aktuellen Lebensmittelumfeld, die der kollaborativen Innovation abträglich sind: z.B. das Fehlen von Steuern auf Zucker, während alternative pflanzliche Produkte manchmal höher besteuert werden als tierische Produkte (z.B. Milch vs. nicht-tierische Milch).
- Innovative Unternehmen im Allgemeinen und Startups im Besonderen benötigen verbesserten, d.h. weniger bürokratischen Zugang zu Finanzmitteln.
- Innovative Zusammenarbeit erfordert Anleitung und Unterstützung. Ein qualifizierter kompetenter Akteur im Ökosystem könnte diese Rolle erfüllen.
Darüber hinaus machten unsere Panelisten weitere , sehr relevante Beobachtungen:
- Das große Ganze, d.h. die Vision der Zusammenarbeit im Lebensmittelsystem, kann leicht verloren gehen, wenn die Probleme des unternehmerischen Alltags alle Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen.
- Eine sinnvolle, erfolgreiche Zusammenarbeit muss nicht für immer und ewig dauern, erfordert jedoch einen längerfristigen Ausblick, über ein einzelnes Produkt oder Projekt hinaus, um nachhaltige Wirkung zu erzielen.
- Zusammenarbeit kann und muss in verschiedenen Dimensionen und vielfältigen Konfigurationen geschehen, manchmal auch zwischen ungewöhnlichen Partnern.
- Kooperationen von Partnern ähnlicher Größenordnung, mit – wie oben erwähnt – gemeinsamen Wertesystemen sind eher erfolgreich als solche, die durch ein Ungleichgewicht von Macht und Interessen gekennzeichnet sind.
Die wichtigste Erkenntnis
Was braucht es vor allem und zuallererst, um im Lebensmittelbereich erfolgreich zusammenzuarbeiten? Laut unseren Panelisten sind es in erster Linie die folgenden Zutaten:
- Mehr Mut
- Weniger kurzfristiges Streben nach Gewinnmaximierung
- Ein gemeinsames Verständnis der Herausforderungen im Lebensmittelsystem, eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Wertesystem
- Klare Anreize und greifbaren Nutzen für die an der Zusammenarbeit beteiligten Parteien
Abschließende Bemerkungen: Zusammenarbeit in der Lebensmittelindustrie
In der größten Industrie der Welt, der Lebensmittelindustrie, und in unserem zeitgenössischen Lebensmittelsystem, an dem jeder von uns beteiligt ist, sind die Herausforderungen komplex, unsere Ziele müssen daher ehrgeizig sein.
Deshalb ist Zusammenarbeit der Schlüssel, auch wenn sie nicht immer einfach ist. Gut gemeint ist nicht automatisch gut gemacht. Gute Absichten allein reichen nicht aus. Das haben unsere Panelisten während der gesamten Diskussion sehr deutlich gemacht. Wir möchten ihnen nochmals für ihre Zeit und Mühe und für ihre Bereitschaft, ihre Erfahrungen und Erkenntnisse mit dem Publikum zu teilen, danken.
Wir bedanken uns auch beim Publikum unserer Podiumsdiskussion für die Teilnahme und Fragen. Danke an die Wirtschaftsagentur Wien, ViennaUP und Dudu Gencel für die Unterstützung und die Aufnahme unserer Session ins Festivalprogramm.
Wir bei Konsultori nehmen Kooperationen sehr ernst!
Um einen kollaborativen Ansatz im Lebensmittelsystem zu fördern, möchten wir, als Konsultori, unseren Teil dazu beitragen und Kooperationen mit unserer Erfahrung und Expertise unterstützen. Wenn Sie ein Lebensmittelunternehmer sind, der in einem KMU, Scaleup oder Startup tätig ist, laden wir Sie ein, unserem Food Collaboration Alliance beizutreten.
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